Diese Geisterstädte haben den Kampf gegen das ewige Eis verloren
Verlassene Siedlungen an den kältesten Orten der Erde

Teriberka, Oblast Murmansk, Russland

Teriberka, Oblast Murmansk, Russland

Anfang des 20. Jahrhunderts war Teriberka ein pulsierendes Fischerdorf mit einer Kirche, einem Leuchtturm und einer Wetterstation, die heute noch steht. Nur 40 Jahre später zählte die Siedlung knapp 5.000 Einwohner. Es gab zahlreiche Fischereien und Molkereien, Geflügel- und Nerzfarmen, sowie eine Fischverarbeitungsfabrik. Das Leben der Bewohner war gut. Sie hatten ein Gemeindezentrum, ein Krankenhaus, Bars und Schulen, die gebaut worden waren, als sich immer mehr Menschen in Teriberka niederließen.
Teriberka, Oblast Murmansk, Russland

Doch nur 20 Jahre später, in den 1960ern, begann der Niedergang der Stadt. Die Modernisierung der Boote bedeutete, dass die Fischer größere Fangmengen erzielen konnten. In anderen Landesteilen wurden neue Verarbeitungsfabriken gebaut, die den Menschen in Teriberka eine wesentliche Lebensgrundlage entzogen. Einige hielten tapfer durch, bis in den 2010ern ein neues Wasserkraftwerk die Lachswanderung zerstörte – und die Fischer in der Gegend nichts mehr zu fangen hatten.
Teriberka, Oblast Murmansk, Russland

Teriberka, Oblast Murmansk, Russland

Pyramiden, Spitzbergen, Norwegen

Pyramiden ist einer der abgelegensten Orte der Welt, der zwischen Norwegen und dem Nordpol liegt. Die Temperaturen können hier auf bis zu -30°C sinken. Die Siedlung liegt auf dem Archipel von Spitzbergen und hatte einst ein florierendes Kohlebergwerk, das noch vor 40 Jahren rund 1.000 Menschen beschäftigte. Pyramiden ist nur von Mai bis Oktober mit dem Boot erreichbar, wenn die umliegenden Gewässer eisfrei sind, in den Wintermonaten herrscht in der heutigen Geisterstadt rund um die Uhr Dunkelheit.
Pyramiden, Spitzbergen, Norwegen

Pyramiden, Spitzbergen, Norwegen

Pyramiden, Spitzbergen, Norwegen

Die Lage verschlechterte sich weiter, als ein Flugzeug mit 141 Arbeitern an Bord auf dem Weg nach Pyramiden abstürzte und alle Passagiere ums Leben kamen. Große Unruhen waren die Folge und nur zwei Jahre später, im April 1998, wurde das Bergwerk nach 53 Betriebsjahren geschlossen. Die Bewohner von Pyramiden packten ihre Koffer und im Oktober desselben Jahres war die Stadt verlassen. Dieses leere Schwimmbad ist heute eine unheimliche Erinnerung an vergangene Zeiten.
Pyramiden, Spitzbergen, Norwegen

In vielen Gebäuden sind noch immer persönliche Gegenstände zu finden, als wären ihre Bewohner über Nacht geflohen. „Es wurden Tassen auf den Tischen zurückgelassen, Zeitungsausschnitte an den Wänden und Skier in den Gängen“, so die Tourismusorganisation Visit Svalbard. Die Architektur der Sowjetzeit wurde dem Verfall überlassen, an einer Lenin-Statue im Herzen der Stadt nagt sichtlich der Zahn der Zeit. Für Touristen macht dies den Ort jedoch umso anziehender: Sie kommen normalerweise in den Sommermonaten in Scharen nach Pyramiden, um einen Einblick in das Leben in der UdSSR zu erhalten.
Deception Island, Südliche Shetlandinseln, Antarktis

Deception Island, Südliche Shetlandinseln, Antarktis

Deception Island, Südliche Shetlandinseln, Antarktis

Deception Island, Südliche Shetlandinseln, Antarktis

Deception Island, Südliche Shetlandinseln, Antarktis

Colesbukta, Spitzbergen, Norwegen

Colesbukta, Spitzbergen, Norwegen

Colesbukta, Spitzbergen, Norwegen

Colesbukta, Spitzbergen, Norwegen

Colesbukta, Spitzbergen, Norwegen

Das ehemalige Hauptquartier des russischen Geologen Wladimir Russanow ist heute ein Museum für Touristen, die nach Colesbukta kommen, um die Überreste der einst so lebendigen Siedlung zu sehen. Die Bergbau-Infrastruktur wurde Wind und Wetter überlassen, dafür besteht der kleine Friedhof noch heute, auf dem ehemalige Bewohner beigesetzt wurden. Immer wieder gibt es Pläne von Seiten der Russen, den Kohleabbau in der Gegend wieder aufzunehmen, doch derzeit ist Colesbukta eine Art Zeitkapsel einer vergangenen Ära.
Kadyktschan, Oblast Magadan, Russland

Kadyktschan, Oblast Magadan, Russland

Kadyktschan, Oblast Magadan, Russland

Kadyktschan, Oblast Magadan, Russland

Die Gewerkschaft stellte die Bezahlung der Arbeiter ein und diese konnten sich bald keine Lebensmittel mehr leisten. Viele Familien schlitterten in die Armutsfalle und – wegen der ungewissen Jobzukunft – auch in die Depression. Die Ressourcen näherten sich ihrem Ende und 1992 wurde eine der Minen in der Stadt geschlossen, vier Jahre später zerstörte eine Methanexplosion die zweite. Nach sechs Jahrzehnten war der Bergbau in Kadyktschan Geschichte und jene, die die Stadt bis dahin ihr Zuhause nannten, sahen keinen Grund mehr, zu bleiben.
Kadyktschan, Oblast Magadan, Russland

Grytviken, Südgeorgien

Grytviken, Südgeorgien

Grytviken, Südgeorgien

Doch sie zahlten den Preis dafür, dass die Wale und Robben in den umliegenden Gewässern beinahe bis zum Aussterben gejagt wurden. 1964 war die Fabrik nicht mehr lebensfähig. Sie schloss ihre Pforten und ein Jahr später folgte die letzte Walfangstation der Insel, Leith Harbour. So schnell wie sie errichtet worden war, verwandelte sich Grytviken in eine leblose Geisterstadt und wurde mit den Jahren vom Schnee verschluckt.
Grytviken, Südgeorgien

Heute, fast 60 Jahre nach der Schließung, rosten noch immer Walfangschiffe entlang der Küste von Grytviken vor sich hin – eine eindringliche Erinnerung an die Vergangenheit der Siedlung. Man findet auch noch vereinzelt alte Industriegebäude und kleine Holzhütten, wie jene, die hier von Kaylee fotografiert wurden. Doch auch sie geben den Kampf mit Mutter Natur langsam auf.
Grytviken, Südgeorgien

Aufgrund seiner exponierten Küstenlage ist das Klima Südgeorgiens äußerst wechselhaft. In den Wintermonaten können die Temperaturen auf minus sechs Grad sinken. Dauerhaft leben hier heute nur noch Wildtiere. Die Robbenpopulation hat sich erholt und gedeiht wieder. In der verlassenen Walfangstation von Grytviken befindet sich heute ein Museum. Heutige Besucher kommen vor allem, um die tierischen Bewohner zu beobachten.
Workuta, Republik Komi, Russland

Workuta, über dem Polarkreis gelegen und eine 40-stündige Zugfahrt von Moskau entfernt, liegt so weit abseits der modernen Zivilisation wie es nur möglich ist. Gespenstisch und wunderschön zugleich, leidet die alte Bergbaustadt unter dem Permafrost, was sich jedoch in einer faszinierenden Ästhetik niederschlägt. Von randvoll mit Eis gefüllten Badewannen bis hin zu mit glitzernden Eiszapfen verzierten Decken ist diese verlassene Stadt ein absolutes Unikum. Aber wie ist aus dieser einst florierend Gemeinde überhaupt eine Geisterstadt geworden?
Workuta, Republik Komi, Russland

Wie Kadyktschan war auch Workuta ursprünglich ein Straflager. Von den 1930ern bis in die 1960er wurden tausende Gefangene in die Gegend geschickt und gezwungen, im Kohleabbau zu arbeiten. Es kamen immer mehr, bis Workuta, wie der russische Fotograf Roman Demyanenko der „Washington Post“ sagte, „eine der reichsten und vielversprechendsten Arbeitsstädte der nördlichen Sowjetunion“ war. Doch es blieb nicht bei den Häftlingen. Die Nachricht, dass es hier Arbeit, Wohnungen und sehr gute Gehälter gab, verbreitete sich wie ein Lauffeuer und so zogen auch immer mehr Zivilisten in die Stadt.
Workuta, Republik Komi, Russland

In Workuta, hier von Lana Sator festgehalten, können die Temperaturen im Winter auf bis zu -10,7 °C sinken, dazu schneit es 180 Tage im Jahr. Doch die Sowjetunion verstand es, die Menschen dennoch in die Stadt zu locken. Neben den Arbeitsplätzen gab es ein Kulturhaus, in dem Konzerte abgehalten wurden, Sportstätten, Schulen und Krankenhäuser. Zu ihren besten Zeiten soll Workuta 200.000 Einwohner gehabt haben, die trotz der eisigen Temperaturen hier das Leben genossen.
Workuta, Republik Komi, Russland

Workuta, Republik Komi, Russland

Viele der leerstehenden Wohnungen sind inzwischen völlig in Frost gehüllt, während sich die Treppen und Flure in tückische Eisbahnen verwandelt haben. Erstaunlicherweise gibt es aber heute noch Menschen, die in Workuta leben. Nach der Schließung der Minen wurde Tausenden ein neues Leben in einem anderen Landesteil zugesagt, berichtete „The World“. Aber einige von ihnen warten bis heute darauf, dass dieses Versprechen auch eingelöst wird.
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